Auch wenn es aufgrund der Häufigkeit, mit der der Begriff Web3 im vergangenen Jahr
auftaucht, so wirkt; neu ist er nicht gerade. Er wurde schon in Bezug auf andere
technologische Entwicklungen, wie das semantische Web, verwendet. Davon wird heute
kaum mehr gesprochen, stattdessen wird, wenn vom Web3 oder Web 3.0 die Rede ist, auf
den Etherium-Gründer Gavin Wood verwiesen. Er hat den Begriff 2014 mit folgender
Definition geprägt: Web3 ist ein „dezentrales Online-Ökosystem, das auf der Blockchain
basiert“. Dezentral, sicher und transparent beschreiben Krypto-Enthusiasten, sowie einige
Venture Capital Firmen und Tech-Konzerne diese Idee. Andere sprechen von der Gefahr von
unreguliertem Content und von Eingriffen in die Privatsphäre.
Was würde passieren, wenn Twitter von einem Tag auf den anderen eingestellt wird?
Dezentralität als Ziel
Das Web3 trifft mit dem Anspruch auf, Probleme zu lösen, die das moderne Internet hat.
Unzureichender Datenschutz, Algorithmen, die Echokammern erzeugen, einzelne Player, die
den Markt dominieren. Doch zunächst ein kurzer Recap. Denn vor Web3 waren Web2 und
Web1.
Letzteres beschreibt den Anfang des World Wide Webs. Es war ein Ort der
Wissenserlangung. Statische Websites, die zum Abrufen von Informationen aufgesucht
werden konnten. Aufgrund der technologischen Komplexität konnten nur wenige Personen
selbst Informationen ins Netz stellen. Das sollte sich mit dem Web2 ändern. Der
technologische Fortschritt erleichterte es, eigene Websites zu erstellen. So entstanden
Anfang der 2000er-Jahre diverse Blogs und Menschen fingen an, sich in Foren
auszutauschen. Mit dem Start von Social Media Plattformen wie Facebook (Meta) konnten
plötzlich alle Teil des Internets sein. Web3 soll nun eine weitere Dimension hinzufügen: was
wir ins Internet stellen, soll auch uns gehören. Jedes Individuum darf entscheiden, was mit
seinen Daten, seinen Bildern, Videos und Kommentaren passiert.
Probleme des Web 2.0 lösen – aber wie?
Im Grunde will das Web3 back to the basics. Nicht mehr die großen Tech-Unternehmen wie Facebook, Google oder Amazon sollen die Datenhoheit und Eigentumsrechte haben, sondern die Nutzer:innen. Johanna Pirker, Assistenzprofessorin an der TU Graz, macht die Vision eines dezentralen Webs anhand eines Beispiels anschaulich: „Angenommen Twitter würde von einem auf den anderen Tag die Plattform einstellen. Was würde dann mit den all den Accounts mit hoher Reichweite geschehen? Um sie abzusichern, gibt es die Bewegung in Richtung Dezentralität.“
Sie gibt allerdings zu bedenken, dass die Tatsache, dass das Web3 auf der Blockchain basiert, auch hier Probleme mit sich bringt. Etwa wenn es um Hasskommentare geht. Sobald sie in der Blockchain gespeichert werden, bleiben sie aufrufbar, auch wenn solche Kommentare gelöscht werden. Die Idee vom Web3 umfasst auch, dass jede Person selbst entscheidet, welche Daten sie an Dritte im Internet weitergibt. Im Gegenzug soll man dafür im Web3 Geld erwerben können.
Als „eine Art finanzielle Belohnung im Internet“, beschreibt Matteo Maffei, Professor an der Technischen Universität Wien, diesen den Vorgang. „Man kann Geld für verschiedene Tätigkeiten verdienen ohne eine zentrale Autorität als Intermediär zu haben.“ Oft wird hier das Beispiel genannt, dass man im Web3 finanziell dafür belohnt wird, sich Werbungen anzusehen oder dass Kredite ganz ohne Banken, also ohne Gebühren, aufgenommen werden können. Der Zahlungsverkehr erfolgt dabei über Krypto-Währungen.
Web3 noch nicht eigenständig
Die Idee des Web3 basiert also gänzlich auf der Blockchain-Technologie. Und die ist bekanntlich umstritten. Neben des hohen Energieverbrauchs, für den trotz nachhaltigerer Zugänge noch keine Lösung in Aussicht ist, kann das auf der Blockchain basierende Web nicht mit der Geschwindigkeit des Web2 mithalten. Unter anderem deswegen wird dem Web3 auch viel Skepsis entgegengebracht. Maffei ist jedoch der Meinung, dass es ohne die Blockchain-Technologie kein Web3 gibt: „Wenn man keine zentrale Autorität haben will, müssen die Daten dezentral gespeichert werden, dafür braucht man immer die Blockchain.“
„Es ist zwar nicht die einzig schlüssige Folge auf das Web2, aber es ist ein ernstzunehmendes Konzept.“
Gerade den dezentralen Charakter des Web3 sehen viele Expert:innen aktuell nicht erfüllt. Das Web3 ist bisher noch maßgeblich von der Infrastruktur des Web2 abhängig. Tech-Riesen wie Amazon bleiben bislang also in mächtigen Positionen. Außerdem werden die meisten dezentralen Applikationen von einigen wenigen Venture Capital Firmen finanziert. Da sie die meisten Token halten, sind sie in wichtigen Entscheidungspositionen und können die weitere Entwicklung des Web3 prägen. Auch wenn im vergangenen Jahr weltweit mehr Investitionen in Branchen wie Fintech oder Healthtech flossen: rund ein Viertel der weltweiten Investor:innen-Gelder gingen immerhin an Krypto-Startups und Scale-ups.
Maffei sieht im Web3 aus diesem Grund mehr als nur einen Hype: „Es ist zwar nicht die einzig schlüssige Folge auf das Web2, aber es ist ein ernstzunehmendes Konzept. Viele Konzerne setzen sich kritisch damit auseinander und es stecken hohe Investitionen darin. Deshalb glaube ich nicht, dass es nur ein Hype ist.“
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