Was bedeutet Trump 2 für die Märkte? Die Zeit-Korrespondentin Heike Buchter berichtet seit zwei Jahrzehnten aus dem Financial District, sie kennt die Stimmung dort und war für mich die ideale Ansprechpartnerin für diese Frage. Im Interview erklärt sie außerdem, welche Macht die Milliardäre in der Politik haben und welche Rolle Kleinanleger:innen dabei spielen.
„Den idealen Kandidaten gibt es nicht”
Du beschäftigst dich in deinem aktuellen Buch mit Milliardären, die ja auch bei dieser Wahl eine große Rolle gespielt haben. Wählen die Bürger:innen eine:n Präsident:in, oder haben die Milliardäre im Hintergrund die Macht?
Heike Buchter: Es fällt schwer, dieses Land noch als normale, reguläre Demokratie zu sehen, wenn man sieht, wie viel Geld da reingesteckt wird. Für die Kandidaten in diesem Wahljahr – also nicht nur Trump und Harris, sondern auch für Abgeordnete und Senatoren – gaben Spender knapp 15 Milliarden Dollar, ein großer Teil kam von den Ultra-Reichen.
Das heißt die Milliardäre haben sehr viel Einfluss?
Heike Buchter: Gegenfrage: Wenn ich hunderte Millionen spende, erwarte ich da keine Gegenleistung? Mich hat neulich jemand gefragt, ob ich finde, dass wir in einem Feudalsystem leben. Da habe ich kurz gezuckt, weil das ist sehr provokant. Aber das muss man sagen, es ist eine Art Finanzfeudalsystem, ja.
Wie ist die Stimmung an der Wall Street im Bezug auf die US-Wahl?
Buchter: Also hier auf dem Parkett der New Yorker Börse, da sind sie ja die meisten pro Trump. Die sind sehr konservativ. Aber das sind ja nicht die Leute, die das Geschäft machen. Das sind nicht diejenigen, die Entscheidungen treffen. Die Entscheidungen werden bei den Investor:innen getroffen. Die Wall Street ist nicht einheitlich republikanisch, was viele immer glauben, absolut nicht. Gerade Investmentbanker und nicht wenige Hedgefondsmanager geben sehr, sehr viel Geld an die Demokraten. Aus Sicht der Wall Street ist allerdings keiner der beiden Kandidaten ideal. Am liebsten wäre es den Investoren ohnehin, wenn eine Partei den Präsidenten oder die Präsidentin stellt und die andere Partei dann die Mehrheit im Repräsentantenhaus und/oder im Senat hält. Dann passiert zumindest hinsichtlich von Regulierungen in der Regel gar nichts. Das ist das Modell: „Lasst uns in Ruhe, wir machen das dann schon.“
Wie denkst du werden sich die nächsten vier Jahre entwickeln?
Buchter: Ich glaube, Trump 1 war eher ein Zufallsprodukt. Und dementsprechend war er auch nicht das Desaster, was alle immer vorhergesagt haben. Woraus viele Wähler und vor allem auch die Ultra-Reichen irgendwie messerscharf geschlossen haben, dass er jetzt in einer zweiten Amtszeit ähnlich wäre. Also, ich glaube schon, dass da ein ziemlicher Unterschied ist, weil die Leute, die jetzt um ihn herum und hinter ihm stehen, das sind Leute mit sehr konkreten Vorstellungen, die mit unserer etwas unordentlichen, nicht besonders effizienten, nicht besonders guten, fehlerbehafteten Demokratie dann irgendwann nicht mehr so viel zu tun haben. Dass Trump die Demokratie abschafft, das glaube ich nicht. Das braucht er aber auch nicht. Einmal an den Hebeln der Macht lässt sich einiges manipulieren, dass es am Ende nur noch dem Namen nach eine Demokratie bleibt. Es ist jetzt schon oft so, dass man angesichts der Lobbyisten das Gefühl hat, wer entscheidet in Washington eigentlich? Allein von der Haushaltsseite gibt es schon viele Zwänge. Das ist der Finanzmarkt, der dann wirklich wichtig ist. Wenn man bedenkt, dass dieses Land jetzt fast 36 Billionen Dollar Schulden hat und ein Haushaltsloch von nahezu zwei Billionen Dollar.
Wenn die Entscheidungen ganz oben und von Geld beeinflusst getroffen werden, was bedeutet diese Wahl für Kleinanleger:innen? Welchen Einfluss kann man auf individueller Ebene ausüben?
Buchter: Das Wichtigste beim Investieren ist, dass es für dich funktioniert. Ich würde alles vermeiden, wo ich nicht irgendwo dahinter stehe. Aber ich glaube, das ist mehr für sich selbst, so ein bisschen Selfcare. Im Großen und Ganzen wird sich durch deine private Anlage nichts ändern, und sei es noch der umweltsfreundlichste ETF. Wenn man wirklich etwas verändern will, muss man bereit sein, selbst aktiv zu werden und sich auch die Hände schmutzig zu machen. Es ist vielleicht sinnvoller, das Portfolio einem Robo-Advisor zu überlassen und die gewonnene Zeit dafür zu nutzen, sich mit den großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen auseinanderzusetzen.
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