Ein Land von Minen befreien oder Jobmöglichkeiten für blinde Frauen in der Brustkrebsvorsorge schaffen – das sind Projekte, die von der gemeinnützigen Organisation Ashoka unterstützt und begleitet werden.
Stephanie Cox betreut bei Ashoka junge Menschen zwischen 14 und 24 Jahren bei der Entwicklung ihrer Sozialunternehmen. Im Interview haben wir Stephanie Cox gefragt, wo sie Potenzial für zukünftige Sozialunternehmen sieht.
Welche Personen gründen momentan vermehrt?
Ich würde sagen, Menschen, die Herausforderungen sehen. In Österreich kann man zum Beispiel sagen, weil es ja Statistiken aus dem Jahr 2023 gibt, dass 2,5 Prozent der Gründer:innen unter 20 Jahre alt sind. Im Allgemeinen sehen wir junge Menschen im Vormarsch, die sagen, wir wollen Verantwortung übernehmen, wir wollen gründen.
Wie viele GründerInnen betreuen Sie im Ashoka-Programm und was ist Ihre Rolle bei Ashoka?
Ashoka ist das größte globale Netzwerk für Sozialunternehmer:innen. Wir haben 4.000 Fellows, die wir in unserem Netzwerk betreuen. Das sind die sogenannten Ashoka Fellows und viele von ihnen bekommen Stipendien für drei Jahre. Das machen wir natürlich in Kooperation mit Stiftungen und anderen Geldgeber:innen.
Wir sagen, “everyone a changemaker”. Das heißt, wir wollen, dass hier jeder Mensch nicht nur weiß, dass sie oder er etwas verändern kann, sondern dass diese Menschen auch ins Tun kommen. Und hier arbeite ich gerade mit über 80 jungen Changemakern in Österreich, Schweiz und Liechtenstein.
Welche Projekte unterstützen Sie mit Ashoka?
Global ist zum Beispiel Bart Weetjens zu nennen. Er hat es geschafft, dass Mosambik seit 2015 minenfrei ist, indem er Ratten einsetzt, um Minen zu finden und entschärfen zu können. Das war eine Lösung, die in Mosambik einen großen Unterschied gemacht hat.
Dann gibt es noch Frank Hoffmann. Er ist Gründer von Discovering Hands und Gynäkologe. Er hat festgestellt, dass gerade blinde Frauen Brustkrebs besser ertasten können, weil sie einen sehr guten Tastsinn haben. Das heißt, blinde Frauen werden nicht nur als blind wahrgenommen, sondern sie haben eine Superkraft, den Tastsinn. Damit können sie Leben verändern.
Worum geht es Ihnen bei Ashoka?
Es geht darum, gesellschaftliche Herausforderungen unternehmerisch zu lösen. Ein Beispiel dafür ist Banan. Sie ist erst vor wenigen Jahren nach Österreich gekommen und ich glaube, dass Menschen wie sie eine ganz wichtige Zielgruppe sind. Also Menschen, die ein sehr bewegtes Leben haben und zum Beispiel eine Fluchtgeschichte.
Banan hat gesehen, dass ihre Mutter und die Menschen um sie herum noch nicht arbeiten dürfen. Deshalb gründete sie WeStitch. Da geht es darum, dass Frauen nicht nur gemeinsam ihre Handarbeiten herstellen, sondern auch einen Weg finden, diese dann auf Märkten zu verkaufen.
In welchen Geschäftsbereichen oder Branchen sind diese Gründer:innen tätig?
Sehr viele haben Ideen und Projekte im Bereich Klima und Umwelt. Das sehen wir natürlich gerade bei den jungen Leuten, das bewegt sie, da wollen sie was machen, da haben sie Ideen, da geht es um die Zukunft.
Aus aktuellem Anlass gibt es auch viele Ideen im Bereich Frieden. Auch beim Thema Schule und Bildung finden sich vor allem junge Menschen wieder. Nicht zu vergessen Gleichbehandlung und Gesundheit.
Wie unterstützen Sie diese GründerInnen?
Wir haben unsere Ashoka Fellows, und da gibt es einerseits finanzielle Unterstützung, damit sie ihre Idee skalieren können. Sehr viele dieser Sozialunternehmer:innen machen das nebenbei. Das Geld soll ihnen helfen, dass sie sich auf ihre Idee konzentrieren können.
Auf der anderen Seite haben wir auch einen sehr starken Fokus auf junge Menschen, weil wir einfach merken, dass jeder dieser Fellows oder dieser Sozialunternehmer:innen in der Jugend ein Umfeld hatte, das sie befähigt hat, ins Tun zu kommen.
Wir wollen, dass jeder junge Mensch weiß, ich kann gestalten und ich muss gestalten. Und genau da packen wir gerade an. Da haben wir das Programm Generation Changemaker, wo wir über 80 junge Changemaker begleiten.
Wo sehen Sie Potenzial für zukünftige Gründer:innen?
Im Bereich Umwelt und Klima liegt ein enormes Potenzial. Auf der einen Seite ist es ein bisschen makaber, weil wir mit unserem Lebensstil unseren Planeten in eine Richtung bewegen, die problematisch ist. Das heißt, wir müssen auch hier Lösungen finden, und das sieht man nicht nur an den Jugendlichen, die über TikTok gemeinsam Müll sammeln.
Dann geht es natürlich in Richtung Künstliche Intelligenz, wo es mittlerweile Methoden und Möglichkeiten gibt, die uns einerseits Dinge erleichtern und sie gleichzeitig sehr komplex machen. Hier brauchen wir auch ethische Lösungen, damit diese Entwicklung nicht in eine völlig falsche Richtung geht.
Welche Fähigkeiten und Eigenschaften sind Ihrer Meinung nach für zukünftige GründerInnen wichtig?
Resilienz, weil wir in einer Welt leben, die sich ständig verändert und weil eine Gründer:innen Journey nicht einfach ist, sondern ein Up and Down. Zweitens braucht es Empathie, um Lösungen für die eigene Community zu finden, aber auch um zu verstehen, was andere brauchen.
Als dritten Punkt sehe ich vor allem auch das Thema Achtsamkeit. Das wird immer wichtiger, denn nur wenn es einem selbst gut geht, kann man etwas in der Welt verändern. Gerade wenn man ein Team führen will, muss man auf sich selbst schauen und gleichzeitig viel aushalten können.
Welchen Rat würden Sie jungen Gründer:innen geben, die ihre eigenen sozialen Unternehmen starten möchten?
Drei Buchstaben, T-U-N. Man muss ins Tun kommen, weil 1 Prozent ist die Idee und 99 Prozent ist die Umsetzung.
Foto: Manuel Gruber
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