Erdbeerwoche: Profit und Mission
Die Unternehmerin Bettina Steinbrugger gründete 2011 mit Erdbeerwoche einen der ersten Online-Shops für nachhaltige Hygieneprodukte. Ihre Erfahrungen als Gründerin hat sie in dem Buch „Bloody Business“ verarbeitet. Wir haben mit Steinbrugger über den Weg zum profitablen Social Business gesprochen.
Du schreibst in Bloody Business, wie schwierig es war, Investor:innen (oder potenzielle Käufer:innen) zu überzeugen. Wie schafft man es trotzdem, ein Social Business aufzubauen?
Da braucht man vor allem Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen. Bei einem Social Business wahrscheinlich noch viel mehr als bei einem normalen profitorientierten Unternehmen, weil hier natürlich die Frage der Finanzierung eine ganz zentrale ist. Wir haben uns ja bewusst gegen den Weg des Investments entschieden und für den wahrscheinlich mühsameren, steinigeren, aber aus unserer Sicht auch authentischeren Weg. Wir haben das Unternehmen auch sehr risikoavers aufgebaut, das heißt, wir haben wirklich neben unseren Angestelltenjobs die Woche angefangen und konnten so auch die kleinen Gewinne, die wir am Anfang gemacht haben, zu 100 Prozent reinvestieren, weil wir für uns nichts rausnehmen konnten oder mussten. Das ist natürlich eine Möglichkeit, wie man ein Social Business finanzieren kann.
Mittlerweile gibt es aber zum Glück auch andere Möglichkeiten. Die gab es 2011, als wir gegründet haben, in der Form noch nicht, nämlich spezielle Förderungen für Social Businesses oder auch verschiedene Auszeichnungen, die dann oft mit Preisgeldern verbunden sind.
Wie macht man den Impact, den man als Social Business hat, messbar?
Uns war es nämlich wichtig, dass wir sowohl die ökologischen, die gesundheitlichen als auch die sozialen Auswirkungen unseres Unternehmens messen. Dazu haben wir zum Beispiel einen Umweltrechner in unseren Online-Shop integriert, der permanent ausrechnet, wie viele konventionelle Produkte wir durch unsere nachhaltigen Alternativen ersetzen. Aber zum Beispiel können wir nicht die Co2-Reduktion beziffern, weil uns dafür die Daten von den Lieferanten fehlen, beziehungsweise das wäre natürlich für uns so aufwendig, die zu beschaffen und hier in Rechnung zu stellen Das heißt, gerade als kleines Social Business muss man sich natürlich auf die Messgrößen konzentrieren, die unter anderem auch finanziell machbar sind.
Eine andere Variante sind Umfragen, die wir einfach laufend gemacht haben, wo wir ganz konkret unsere Kundinnen gefragt haben, was hat sich seitdem verändert, was war genau der Impact. Dabei. haben wir festgestellt, dass bei 90 Prozent unserer Kundinnen, die auf nachhaltige Produkte umgestiegen sind, sich auch das Verhältnis zu ihrem Körper verbessert hat.
Was würdest du heute anders machen, wenn du noch einmal gründen würdest?
Heute ist fast alles digital verfügbar und sowohl die Information als auch die Unterstützung und die Finanzierung sind sehr, sehr viel besser geworden. Ich glaube, man kann eine Gründung vor über zwölf Jahren mit einer Gründung heute fast nicht mehr vergleichen. Was ich vielleicht anders machen würde, ist, dass ich mir mehr Zeit für die Vorgründungsphase nehmen würde. Wir haben damals relativ schnell den Gewerbeschein bekommen, lange bevor wir den ersten Businessplan geschrieben hatten oder überhaupt eine Idee hatten, womit wir jetzt genau Geld verdienen wollen. Aber der Grund war, dass wir sehr früh mit Herstellern von nachhaltigen Menstruationsprodukten in Kontakt gekommen sind, und die reden natürlich nur mit einem, wenn man auch ein Unternehmen ist. Insofern war das sozusagen unsere Legitimation für das Gewerbe. Aber natürlich beginnt dann auch die Uhr zu ticken.
Man ist ja nur für eine gewisse Zeit ein sogenanntes Startup. Bestimmte Förderungen werden auch nur im Bereich oder eben nur für eine Anfangsphase vergeben. Da würde ich mir vielleicht für diese Phase etwas mehr Zeit nehmen.
Würdest du noch mal ein Social Business aufbauen, oder gleich voll auf Profit gehen?
Ganz klar wieder als Social Business. Für mich ist diese Kombination ganz wichtig, das Soziale, aber auch schon das Geschäftliche. Wir sind ganz klar keine gemeinnützige Organisation. Für uns war es schon wichtig, auch die wirtschaftliche Komponente der Nachhaltigkeit mit reinzubringen. Das ist für uns einfach auch ein ganz wesentliches Kriterium, dass wir uns eben selbst tragen können und das bedeutet für uns auch Nachhaltigkeit: nicht abhängig zu sein von externen Geldgebern, internen oder Spendern.
Aber für mich war die Sinnfrage immer ganz zentral, auch in den Jobs, die ich vor der Gründung der Woche hatte, und einfach nur ein Unternehmen zu haben, um Geld zu verdienen. Das wäre mir als Ziel viel zu wenig.
Aus welchen Fehlern hast du am meisten gelernt?
Ich glaube, der größte Fehler ist, dass man denkt, man macht keine Fehler oder man lässt keine Fehler zu. Fehler zuzulassen, um letztendlich daraus zu lernen, ist ganz wichtig. Ich habe gelernt, dass ich grundsätzlich ein sehr ungeduldiger Mensch bin und die Dinge immer lieber heute als morgen erledigt habe.
Ich habe in den letzten zwölf Jahren lernen müssen, dass die Dinge immer länger brauchen, als man denkt, und dass das auch okay ist, dass man den Dingen ihre Zeit geben muss. Das ist, glaube ich, ein ganz, ganz wesentliches Lernen für mich: dass man manche Dinge auch nicht beschleunigen kann, auch wenn man es gerne möchte.
Wie geht’s mit Erdbeerwoche und Ready for Red weiter? Möchtest du das Unternehmen langfristig weiterführen, oder hast du andere Pläne?
Wir haben uns in den letzten Jahren wirklich mehrfach neu erfunden. Wir haben auch unser Geschäftsmodell immer wieder verändert.Das war eben unser Wesen als Social Business, dass wir eine Vision haben, und wir haben uns immer wieder gefragt, haben wir unsere Vision jetzt erreicht? Braucht es uns überhaupt noch?
Unsere ursprüngliche Vision war ja zum Beispiel, das Thema zu enttabuisieren und nachhaltige Periodenprodukte breit verfügbar zu machen oder in den Mainstream zu bringen. Letzteres ist uns eigentlich schon gelungen.
Unsere Mission ist eigentlich erfüllt, kann man sagen. Es gibt aber noch andere Bereiche, wo es noch sehr viel zu tun gibt, zum Beispiel im Bereich der Jugendbildung. Deswegen haben wir auch Vorträge gestartet, weil wir gesehen haben, dass das Tabuthema Station gerade bei jungen Mädchen noch sehr, sehr stark ist und dass das dann oft mit Unwissenheit und falschem Wissen über den eigenen Körper oder eben über das Thema Station einhergeht. Und da muss man eben noch ansetzen. Das heißt ja, mit Ready for Red geht es auf jeden Fall weiter.
Die Arbeit geht uns im Prinzip nicht aus. Trotzdem haben wir bei der Erdbeerwoche schon vor längerer Zeit aufgehört, den klassischen Dreijahresplan zu machen, weil, ich glaube, gerade die letzten Jahre mit den vielfältigen Krisen, die wir hatten, gezeigt haben, dass sich die Rahmenbedingungen einfach so schnell ändern können.
Weitere Beiträge
E-Autos aus China: EU entscheidet über Strafzölle
Die Strafzölle auf E-Autos aus China sorgen für Diskussion in der EU.
OpenAI ist jetzt 157 Milliarden Dollar wert
Warum das KI-Startup OpenAI mit seinem Milliardeninvestment Geschichte schreibt.
Was der Iran-Israel-Konflikt für den Ölpreis bedeutet
Die Eskalation zwischen Israel und dem Iran könnte den Ölpreis steigen lassen und die Versorgung gefährden.