Wir leben in Krisenzeiten. Die Coronakrise hält uns seit über zwei Jahren in Atem, der russische Angriffskrieg in der Ukraine überschattet angesichts der grausamen Taten andere Nachrichten. Eine Krise, die sich die Bezeichnung mehr als verdient, gegen die jedoch nach wie vor zu wenig unternommen wird, ist die Klimakrise. Vor kurzem erschien der letzte Teil des dreiteiligen UN-Klimaberichts 2022. Es ist der sechste seiner Art, der seit 1990 alle sieben Jahre vom Weltklimarat veröffentlicht wird. Auffällig ist diesmal: die Sprache darin ist deutlicher geworden, Entwarnung gibt es keine. Um ein Zitat von Kate Dibiasky aus dem Film Don’t Look Up zu borgen: „Wir versuchen euch zu sagen, dass der gesamte Planet im Begriff ist, zerstört zu werden.“
Aber wie schlimm steht es genau um unsere und die Zukunft des Planeten und was muss geschehen, um das Klima noch zu retten? Glücklicherweise gibt der Weltklimarat (auch Intergovernmental Panel on Climate Change genannt, kurz IPCC) in seinem neuen Bericht auch darauf Antworten. Im ersten Teilbericht erläutern Wissenschaftler:innen die naturwissenschaftlichen Grundlagen, der zweite Teil befasst sich mit den Auswirkungen des Klimawandels und damit, wie es gelingt sich daran anzupassen und im dritten Teil werden Maßnahmen präsentiert, die notwendig sind, um die Erderhitzung einzudämmen. Eine Twitter-Userin hat das in ihren eigenen Worten so ausgedrückt:
Also, wie steht es um das Klima?
Die Treibhausgasemissionen sind zwischen 2009 und 2019 so hoch gewesen wie noch in keinem Jahrzehnt zuvor. Obwohl die Emissionen im Vergleich zur Dekade davor weniger schnell angestiegen sind, warnen die Wissenschaftler:innen: wenn der Emissionsausstoß nicht unmittelbar und drastisch verringert wird – und zwar über alle Sektoren und Regionen hinweg – kann das 1,5-Grad-Ziel nicht erreicht werden. Spätestens ab 2025 müssen die Emissionen sinken, bis 2030 sollten sie sich halbiert haben und spätestens 2050 sollten sie nahe null gehen. Geschieht dies nicht, steuern wir bis 2100 auf eine globale Erderwärmung von drei bis fünf Grad hin – das wäre fatal.
Warum genau 1,5 Grad?
Das 1,5-Grad-Ziel wurde 2015 im Rahmen des Pariser-Klimaabkommen zwischen 195 Staaten vereinbart. Es basiert auf Erkenntnissen der Wissenschaft, die besagen, dass eine globale Erderwärmung von über 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau schwere Folgen für Mensch und Natur nach sich ziehen würde: längere Dürreperioden, Wasser- und Nahrungsmittelknappheit, Überschwemmungen, Krankheiten. Selbst wenn das ambitionierte Ziel eingehalten wird, können manche „Verluste und Schäden“ nicht mehr rückgängig gemacht werden, heißt es im aktuellen IPCC-Bericht. Bereits jetzt befinden wir uns dieser Grenze mit 1,2 Grad sehr nahe. Daher wird häufig davon gesprochen, die Erderwärmung „deutlich unter zwei Grad“ zu halten. Wie drastisch der Unterschied ist, den dieser halbe Grad ausmacht, das zeigt ein Spezialbericht des Weltklimarats. So steigt der Meeresspiegel bei zwei Grad deutlich höher an, das Artensterben ist drastischer und es sind sind doppelt so viele Menschen von Wasserknappheit betroffen als bei einer Beschränkung auf 1,5 Grad.
Was muss also geschehen?
Zunächst muss der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen schleunigst erfolgen. Keine Kohle, kein Öl, kein Gas sollte mehr angezündet werden. Stattdessen müsse Energie gespart und auf erneuerbare Energien gesetzt werden. An dieser Stelle gibt es gute Nachrichten: Die Kosten für Technologien in diesem Bereich – Solarpaneele, Windräder und Batterien – sind in den vergangenen zehn Jahren um bis zu 85 Prozent gesunken. Der neue IPCC-Bericht gibt pro Sektor verschiedene Empfehlungen ab. In der Industrie müssen etwa neue Produktionsprozesse geschaffen werden, eine Kreislaufwirtschaft wird empfohlen. Zudem könnten der Einsatz von Wasserstoff und die Speicherung von CO2 eine Möglichkeit sein, unerlässlich sei jedenfalls der sorgsame und effiziente Umgang mit Energie und Material.
Der Verkehr gehört reduziert und elektrifiziert. Konkret rät der Bericht auch zum Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und zu günstigeren Ticketpreisen. Im Bereich Land und Wälder mahnen die Forscher:innen mit dem Forsten aufzuhören und Ökosysteme wiederherzustellen. Eine nachhaltige Landwirtschaft sei zudem Key. Auch für Städte lautet die Antwort: mehr Bäume. Im urbanen Raum müsse außerdem möglich gemacht werden, keine langen Arbeitswege zurücklegen zu müssen und Gebäude effizient zu sanieren. Auf Heizen mit Öl und Gas sollte verzichtet, auf gute Isolation bestanden werden.
Die meisten Empfehlungen richten sich an politische Entscheidungsträger:innen, gewisse Dinge kann jedoch auch jede:r Einzelne tun. So raten die Forscher:innen etwa dazu, weniger Fleisch zu essen, keine Lebensmittel wegzuwerfen sowie sich möglichst zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmittel fortzubewegen. Anreize hierfür müssen letztendlich jedoch vonseiten der Politik kommen, meint eine der Klimabericht-Hauptautor:innen, Sarah Burch, auf Twitter.
Angesichts der derzeitigen Gasknappheit infolge der Sanktionen gegen Russland wurde zuletzt deutlich, dass die Krisen unserer Zeit nicht getrennt betrachtet werden können. Auch Pandemien werden durch die Klimakrise begünstigt, Millionen von Menschen aus dem globalen Süden könnten bei weiterer Erhitzung des Planeten ihren Lebensraum verlieren und müssen flüchten. Solidarität, Hilfe und Handlung sind daher jetzt gefragt, stellt der UN-Weltklimabericht fest. Nicht erst wenn der nächste Mammutbericht in sieben Jahren mit noch deutlicheren Worten erscheint.
Apropos Don’t Look Up: Dieses Interview, das sich vor wenigen Tagen im britischen Fernsehen zugetragen hat, wird in den sozialen Netzwerken aktuell mit dem Netflix-Film verglichen. Die Aktivistin Miranda Whelehan verteidigt die Proteste ihrer Organisation „Just stop Oil“ und weist dabei immer wieder auf Forderungen der Wissenschaft hin unmittelbar zu handeln, während die Moderator:innen und ein weiterer Gast sie egoistisch nennen und sie darauf hinweisen, dass ihre Kleidung nicht ohne der Verwendung von Öl hergestellt werden kann. Die Szene erinnert an jene Sequenz aus dem Film „Don’t Look Up“, in der die Wissenschaftlerin Kate Dibiasky (gespielt von Jennifer Lawrence) ob des Ernsts der Lage in einer TV-Talkshow die Fassung verliert:
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